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Frauen und Wein

  • Donnerstag 01 September 2011
Quelle /
Text: Chandra Kurt, Fotos: Gian Vaitl

Aus Chandras Weinküche

Der Wein, eine reine Männerdomäne? Das war einmal, denn immer mehr Frauen beschäftigen sich sowohl privat wie auch beruflich mit dem verführerischen Rebsaft. Interessant ist, dass Frauen ein ganz anderes Verhältnis zum Wein haben als Männer.

Ich werde immer wieder gefragt, wie es für mich sei, in der Männerdomäne Wein zu arbeiten. Der Wein fasziniert mich nun seit bald 25 Jahren - unbesehen darum, ob ich dabei mit Männern oder Frauen zu tun habe. Natürlich sind es nach wie vor die Männer, die dieses Thema dominieren, aber ich konnte in all den Jahren zusehen, wie immer mehr Frauen einen Beruf in der Weinwelt ausüben (Winzerin, PR-Fachfrau, Einkäuferin, Chefin einer Kellerei, Verantwortliche im Rebberg, Sommelière, Vinothekbesitzerin etc). Auch sind es oft Frauen, die beim Weineinkauf das Sagen haben, was vielen Leuten nicht bewusst ist.

Besser im Riechen und Schmecken

Frauen sind beim Wein eigentlich die Kernzielgruppe. Diese wird leider kaum als solche beworben. Erstaunlich, denn noch nie hatten Frauen so viel eigenes Geld, noch nie waren sie so unabhängig, noch nie haben sie so spät geheiratet oder eine Familie gebildet und noch nie haben sie so viel Geld für Wein ausgegeben. Von den 18- bis 24-Jährigen geben 5 Prozent Geld für Wein aus, 45 Prozent sind es bei den 25- bis 45-Jährigen. Mit jedem Jahr steigt der Prozentanteil an Frauen, die Wein einkaufen. Gegenwärtig werden rund 60 Prozent aller Weineinkäufe von Frauen getätigt. Gut gemachte, zielgruppenspezifische Promotionen würden die Frauen bestimmt gutheissen.

Bei Weindegustationen wird Frauen nachgesagt, dass sie ein sensibleres Geschmacksempfinden haben als Männer. So meinte meine Kollegin, die britische Buchautorin Joanna Simon, auf das Thema Frauen und Wein angesprochen: «Frauen können den Duft und den Geschmack von Wein exakter als Männer beurteilen, weil sie im Riechen und Schmecken mehr Erfahrung haben. Möglicherweise sind sie, was diese Erfahrung angeht, einfach sensibler. Oder sie sind eher bereit, dazuzulernen. Männer glauben oft, dass nur sie alles über Wein wissen. Und dann können sie sich nicht eingestehen, dass sie gar keine Ahnung haben.»

Diese Aussage ist natürlich etwas übertrieben. Beim Wein sollte man grundsätzlich keine generell gültigen Äusserungen von sich geben – man stolpert sonst über eine der unzähligen Ausnahmen. Frauen benehmen sich beim Degustieren jedoch tatsächlich anders als Männer. In der Regel melden sie sich eher selten zu Wort, trauen ihrem Geschmack nicht und haben das Gefühl, dass sie ja gar nichts wissen – was natürlich überhaupt nicht stimmt. Wein ist eine subjektive Erfahrung. Wichtig ist, dass man lernt, die eigenen Sinneserfahrungen erstens wahrzunehmen und zweitens in Worte zu fassen. Und diesbezüglich sind Frauen prädestinierter als Männer, wirklich guten Wein zu finden, denn sie lassen sich nicht durch falsches Gehabe beeinflussen. Sie folgen eher der Empfehlung einer Vertrauensperson als der Topbewertung eines ihnen unbekannten Weingurus. Ich finde das faszinierend.

Genussmittel oder Sammelobjekt?

Beim Umgang mit Wein unterscheiden sich Frauen und Männer auch bezüglich der «Nützlichkeit» des Weins. Frauen achten mehr als Männer darauf, welcher Wein zu welchem Gericht passt. Darum achte ich bei meinen Weinkursen für Frauen ganz besonders darauf, dass ich den Wein in einen Zusammenhang zum Alltagsleben stelle – also zur Küche und zum Wohlbefinden. Für Frauen ist Wein eher ein Nahrungs - und Genussmittel, während ihn Männer eher als Status- und Sammelobjekt betrachten.

Wie Frauen mit Wein umgehen

  • Für den Kaufentscheid spielt bei Frauen der Geschmack des Weins eine tragendere Rolle als das Etikett. 

  • Männer lieben Punkte, Frauen lieben Empfehlungen. 

  • Welcher Wein zu welchen Essen passt, ist für Frauen sehr wichtig. 

  • Frauen vertragen (in der Regel) weniger Wein als Männer. 

  • Frauen sagen nicht, dass sie einen Wein mögen, nur weil es sich um eine bekannte Abfüllung handelt.
  • Die teuersten Weine der Welt werden auch von Frauen gemacht.
  • Frauen haben keine Probleme damit, im Detailhandel Wein einzukaufen.