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Zehn Fragen an Daniele Finzi Pasca

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Mit welchem Wein wurden Sie in Ihrer Jugend in die Welt des Weins eingeführt?


Ich bin in der Überzeugung aufgewachsen, dass Wein durch unsere Adern fliesst. Als kleiner Bub diente ich zusammen mit meinen Brüdern als Messdiener in der Kirche Sacro Cuore. Don Reggiori vermischte Wasser, einen Tropfen nur, mit Wein, und alles verwandelte sich in Blut. Einmal habe ich mich verletzt, als ich vom Fahrrad fiel, und merkte, dass Blut einen ganz eigenen Geschmack hat... anders als der Duft der Flüssigkeit, die auf dem Altar geweiht wurde... Ich wurde nicht in die Welt des Weins eingeführt... ich wuchs auf im Glauben, die Welt bestehe aus Muskeln, Wein und Träumen.

Welches war der beste Wein Ihres Lebens, wo und mit wem haben Sie ihn getrunken?


Ich bin ein glücklicher Mensch... Ich habe so viele Momente erlebt, die mir aussergewöhnlich und unvergesslich erscheinen... Bei kreativen Zusammenkünften mit der Truppe setzen wir uns immer rund um einen Tisch... und nie fehlen dabei leere weisse Blätter, Wasser und Wein.

Was ist Ihr Lieblingsbuch, und welchen Wein trinken Sie dazu?


Der Wein begleitet mich eher, wenn ich schreibe, und so gut wie nie, wenn ich lese.

Wenn Sie für die Fête des Vignerons in die Waadt reisen, welchen Tessiner Merlot haben Sie dann im Gepäck, um allfälliges Heimweh zu bekämpfen?


Es ist schön, den Wein dort zu trinken, wo er geboren wurde, wo er zu Hause ist... Ich bringe keinen Tessiner Wein mit nach Vevey, um das Heimweh zu bekämpfen... das brauche ich nicht... Vevey ist bereits zu meinem Zuhause geworden. Aber ich bringe Flaschen als Geschenke für die Freunde mit, denn ich bin stolz darauf, sie die Feinheiten gewisser unserer Produkte entdecken zu lassen. Wir im Tessin sind gut darin, schönen Wein zu produzieren, guten Wein, edlen Wein – und überraschenden Wein.

Welches ist für Sie die schönste Weinregion bzw. das schönste Weindorf der Welt? Und warum ist das so?


Mich faszinieren die Menschen, die Wein machen... Und überall dort, wo schöne, passionierte und empfindsame Menschen leben, wird jeder beliebige Ort schön. Ich habe verblüffende Orte in Chile besucht, in den Langhe, in Ungarn, Kanada, Uruguay, Georgien... Überall, wo ich auf Tournee bin, strande ich schliesslich in einem Keller...

Welchen Wein würden Sie mit Donald Trump trinken?


Ganz sicher einen Wein aus Mexiko... Donald muss sich bewusst werden, dass die Amerikaner ohne ihre Nachbarn rasch untergehen würden... Das müssen auch wir uns von Zeit zu Zeit wie- der deutlich machen... Das Leben kann nur dann wundervoll sein, wenn du dich mit deinen Nachbarn gut verstehst.

Wenn morgen die Welt unterginge, welchen Wein würden Sie heute noch trinken?

Meine Welt ist untergegangen, als meine Frau vor neun Monaten starb... Ich habe das Glas erhoben und Wein getrunken, viel weniger als gewöhnlich, so, wie wenn jeder Schluck ein Streicheln von ihr wäre...

Welche Lebensweisheit haben Sie aus dem Weingenuss erlangt?


Dass es Handwerker und Künstler gibt, dass es glückliche Menschen und Meister gibt, solche, die schreiben, und solche, die Dichter sind. Wenn man Wein macht, um Wein zu machen, ist das eine gute Sache. Wenn das Weinmachen dazu dient, diejenigen, die dich umgeben, verliebt zu machen, wenn das Weinmachen dazu dient, die Welt zu verändern, wenn das Weinmachen dazu dient, jene Dinge zu sagen, die man sonst nicht sagen könnte... dann haben diese Weine einen anderen Geschmack... Wer mich umarmt, den liebe ich.

Gibt es Weine, die Ihre Kreativität beflügeln? Wenn ja, welche?


Diese runden, so blau wie der Himmel, die den Duft der Dinge verströmen, die ich liebe, die funkeln wie die Sterne, die so warm und weich sind, wie die Umarmung meines Papas.

Was werden Sie nach der gelungenen ersten Aufführung der Fête des Vignerons 2019 trinken?


Ich habe begriffen, dass es eine einzige grosse Tugend braucht, um ein derart grosses Projekt wie dieses zu leiten... viel Mut! Wer Schritt halten will mit den Rhythmen dieser fantastischen Trinker, muss wirklich seinen ganzen Mut zusammen- nehmen... Nach Monaten der Proben, der Begegnungen, der Versammlungen, ja vielleicht selbst nach der Premiere werde ich zuallererst ein Glas frischen Wassers trinken.

 

Leben

Der Tessiner Daniele Finzi Pasca, 1964
in Lugano geboren und aufgewachsen, ist Clown, Regisseur, Theaterautor, Choreograph und Gründer verschiedener Theater. 2012 wurde er mit dem Hans-Reinhart-Ring, der höchsten Auszeichnung im Theaterleben der Schweiz, ausgezeichnet. Ob im intimen Kleintheater oder in der riesigen Maschinerie eines Cirque du Soleil: Immer versteht es Finzi Pasca, die Menschen zu bezaubern und zu berühren, auf verspielte Art und doch zutiefst ernsthaft die Frage nach dem Sinn des Lebens, der Vergänglichkeit
zu stellen und Sehnsüchte zu wecken mit seinem emotionalen «Teatro della Carezza», seinem «Theater der Zärtlichkeit». Zum Träumen bringen wird er ohne jeden Zweifel auch die Besucher der Fête des Vignerons von Vevey, die er 2019 inszeniert.