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Die Herausforderung der Schweizer Weine

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Olivier Pauchard

Dass die Schweiz ein Land mit einer langen Weinbautradition ist, weiss jenseits der Landesgrenze kaum jemand. Seit zwei Jahrtausenden steht der Herbstanfang für die Erntezeit. Aber in diesem Jahr ist die Stimmung düster, denn der einheimische Wein verkauft sich schlecht.

In einigen Teilen der Schweiz ist der Weinbau eine lebendige Tradition. Erst vor wenigen Tagen nahmen nicht weniger als 300'000 Menschen am Neuenburger Erntefest teil. Doch die Produzenten von Wein befinden sich nicht in Festlaune.

Die Bestände für 2018 sind noch nicht erschöpft, da erreicht die neue Ernte bereits ihren Höhepunkt. Bütten, die voll bleiben, bedeuten Preisdruck in einem ohnehin schon schwierigen Markt. Die Sorge ist so gross, dass die vier wichtigsten Weinbaukantone den Bund um Hilfe gebeten haben.

Seit einigen Jahren machen Schweizer Weine 35% des nationalen Konsums aus. Das reiche nicht aus, um einen ausgewogenen Verkauf der derzeitigen einheimischen Produktion zu gewährleisten, schreiben die vier Kantone (Waadt, Wallis, Genf und Neuenburg) in einer Medienmitteilung. Die Rentabilität der Betriebe und die Nachhaltigkeit der Schweizer Weinberge seien gefährdet.

Diese Kantone setzen auf die Unterstützung des Bundes, um "den Marktanteil der Schweizer Weine deutlich zu erhöhen und sich der starken Konkurrenz durch ausländische Weine zu stellen". Aber wie sieht dieser Schweizer Markt aus? Eine Übersicht.

Eine relativ grosse Fläche

Weinbau in der Schweiz gibt es seit der Zeit des Römischen Reiches. Die Weinbaufläche beträgt 148 km² bei einer Landesfläche von 41'285 km². Die Schweiz belegt weltweit den 20. Platz für ihre Weinbaufläche und den 10. Platz für das Verhältnis zwischen der Fläche des Landes und seinen Reben, sagt Swiss Wineexterner Link, der Dachverband der Branche. Zwar findet man fast im ganzen Land Reben. Doch am meisten Reben gibt es eindeutig in den lateinischen Kantonen.

Wallis 33%, Waadt 26%, Genf 10%, Tessin 7%, Neuenburg 4%, Zürich 4%, Schaffhausen 3%, Graubünden 3%, Argau 3%, Thurgau 2%, Bern 1%, St Gallen 1%, Freiburg 1%, Basel 1%, andere 1%.

Eine grosse Vielfalt

Der Schweizer Weinbau ist durch eine grosse Anzahl von Rebsorten gekennzeichnet – etwa 240.

Die drei häufigsten Sorten mit jeweils mehr als 1000 Hektar sind Pinot Noir (rot), Chasselas (weiss) und Gamay (rot). Die beiden Rotwein-Trauben stammen aus dem Burgund. Der Chasselas (die Walliser nennen ihn Fendant) verdient eine besondere Erwähnung, weil es sich hierbei um eine einheimische Sorte handelt. Die in der Schweiz am weitesten verbreitete weisse Rebsorte – vor allem in den französischsprachigen Kantonen – wird besonders geschätzt, vor allem zu Fondue und Raclette.

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Geschätztes Getränk verliert an Dynamik

Der Wein bleibt das bevorzugte alkoholische Getränk der Schweizer Bevölkerung im Alter von 18 bis 74 Jahren. Das besagt eine Umfrage des Instituts M.I.S. Trend zum Weinmarkt in der Schweiz 2017. Etwa 80% der Befragten geben an, dass sie Wein trinken, 60% sagen, sie konsumieren Bier. Nur im Tessin ist es anders: In dem italienischsprachigen Kanton sagen nur 66% der Befragten, dass sie Wein trinken.

Die Schweizer und Schweizerinnen gehören zu den grössten Wein-Konsumenten der Welt. Rekordhalter ist der Vatikan mit mehr als 50 Liter Wein pro Jahr und Kopf. Die Schweiz ist mit rund 37 Litern eines der führenden Länder. Gemäss Agrarbericht 2018 wurden 2017 in der Schweiz 249 Millionen Liter Wein konsumiert. Aber der Konsum scheint abzunehmen.

Dieser Rückgang ist auf viele Faktoren zurückzuführen. Laut der Umfrage ist das Fahren eines Fahrzeugs der häufigste Grund für Alkoholverzicht.

Autofahren 60%, Gesundheit 33%,  Preis 9%, Arbeit, einen klaren Kopf haben 8%, Unerwünschte Nebenwirkungen (Kopfschmerzen etc.) 5%, Andere 10%, Keinen Hinderungsgrund 8%.

Ein Zwerg auf dem Weltmarkt

Schweizer Wein ist im Ausland wenig bekannt. Das kommt daher, dass er höchstens einem kleinen Tropfen mitten in einem weltweiten Ozean von Weinfässern gleichkommt.

Im Jahr 2018 wurden nach Angaben der Internationalen Organisation für Rebe und Wein weltweit 292,3 Millionen Hektoliter produziert. Spanien bleibt mit 20,9 Millionen Hektolitern (19,4% des Marktes) vor Frankreich und Italien der weltweit führende Produzent.

Mit 792'000 Hektolitern Produktion und 14'000 Exporten ist die Schweiz ein Zwerg. Die einheimische Produktion reicht denn auch nicht aus, um den Konsum zu decken, weshalb Wein importiert werden muss.

Italien 40%, Frankreich 22%, Spanien 14%, Andere.