Weinregionen der Schweiz
- Dienstag 15 November 2016
Wallis Land der Sonne und der spannenden Rebsorten
Wer die Anreise ins Wallis durch den Lötschbergtunnel antritt, spürt spätestens nach dem Tunnel die einzigartige Atmosphäre dieses Kantons im Süden der Schweiz: Eindrucksvoll erheben sich die beiden gigantischen Bergketten, die das Rhônetal umschließen. Die Alpen prägen seit Jahrhunderten maßgeblich die Landschaft, das Klima, die Kultur und die Menschen, die eng mit ihrer Heimat verbunden sind. Das Wallis ist im wahrsten Sinne des Wortes von der Sonne verwöhnt und zählt zu den trockensten Gegenden der Schweiz.
Unbedingt empfehlenswert ist ein Besuch des Walliser Reb- und Weinmuseums in Salgesch (Salquenen). Der Besucher erhält auf sehr anschauliche und lebendige Weise Einblick in das Leben der Menschen um die Jahrhundertwende und lernt die Entwicklungen des Weinbaus kennen.
Das Wallis ist mit seinen 4.900 Hektar Rebfläche die größte Weinregion der Schweiz. Der Boden ist sehr steinig und luftdurch- lässig, so können die Reben gut wachsen. Er verleiht den Walliser Weinen auch ihren typisch mineralischen Geschmack.
Die Weinberge liegen meistens an steilen Südhängen rechts von der Rhône und er- strecken sich von Westen nach Osten über hundert Kilometer. Durch diese Steilhänge ist es natürlich unmöglich, mit Maschinen zu arbeiten, deshalb ist der Anbau der Trauben oft sehr viel aufwendiger. Das rechte Ufer ist der größte Bereich. Er verläuft mit nach Süden ausgerichteten Hängen durch- gehend von den Weinorten Fully und Chamoson im Westen über Conthey und Sion (Sitten) im Zentralwallis bis nach Salgesch im Osten. Am linken Ufer liegen kleinere Weinberge verstreut zwischen dem Genfersee, Martigny, Riddes und Sierre (Siders). Im Oberwallis ndet man Weinberge, die tief in die Seitentäler eindringen. Die Rebberge von Vispterminen zählen mit einer Höhe zwischen 650 und 1150 Metern zu den höchstgelegenen der Schweiz.
Das günstige, sonnenreiche trockene Klima und die mit jeder Parzelle wechselnde Bodenbeschaffenheit ergeben im Wallis eine erstaunlich reiche Auswahl interessanter Weine aus den unterschiedlichsten, spannenden Rebsorten. Zu diesen Sorten zählen die fruchtbetonte Weißweintraube Petite Arvine, die robuste Marsanne blanche, die wandelbare Heida (=Savagnin blanc) und die berühmte Amige aus Vétroz, aus der auch hervorragende Süßweine hergestellt werden. Am bekanntesten dürfte jedoch der Fendant sein. Fendant ist eine Chasselas Sorte und ein geschützer Begriff nur für Walliser Weine. Die Sorte Chasselas macht etwa die Hälfte der Weißweinrebfläche im Wallis aus, gefolgt von Johannisberg (Gros Rhin), Pinot gris (restsüß ausgebaut = Malvoisie), Chardonnay, Weißburgunder und Sauvignon blanc.
Selten gibt es solche Vielfalt an Spezialitä- ten. Bei den heimischen Rotweintrauben kennt man deren Namen meist nur inner- halb der Landesgrenzen. Dazu zählen der ruppige Cornalin (Landroter) und die fruch- tig-würzige Humagne rouge.
Ansonsten sind die Weine von Pinot noir geprägt. Eine Spezialität - der Dôle, der im Hauptbestandteil Pinot noir enthalten muss, darf zu keinem Walliser Spezialitätenteller fehlen. Die charaktervolle Syrah-Rebe ergibt hier sehr nessenreiche Weine.
Eine weitere Besonderheit im Wallis sind die edelsüßen Weine, die unter dem Label „Grain Noble ConfidenCiel“ auf den Markt kommen. Dies ist eine Charta, die die hohe Qualität dieser Weine zum Ausdruck bringt. Nur ein kleiner Anteil von 1-2 Prozent der Walliser Weine wird exportiert. Allerdings wird ein großer Teil der Weine in den anderen Schweizer Kantonen konsumiert.
Das Waadtland – Heimat des Chasselas
Das Waadtland (Vaud) wird im Westen vom Jura, im Osten von den Alpen begrenzt und weist klimatisch Parallelen zum Walliser Klima auf. Durch den Schutz der Alpen gibt es relativ wenig Wind und Niederschläge und die Vorteile des Föhns für die Rebe können optimal genutzt werden. Natürlich gibt es auch die unterschiedlichsten Mikroklimate. Manche Lagen profitieren von einer besonderen Hangneigung, andere durch die Nähe zum See. Viele Lagen sind von Mauern um- geben, die die am Tage gespeicherte Wärme nachts an die Reben abgeben können.
Das zweitgrößte Weinbaugebiet kann man in vier Bereiche unterteilen. La Côte erstreckt sich entlang der Westseite des Genfersees, mit Féchy und Mont-sur-Rolle im Zentrum. Das Gebiet von Lavaux, das sich von Lausanne bis Vevey und Montreux aus- dehnt, schließt die beiden Grand Crus Dézaley und Calamin ein, welche sich zwischen Epesses und St. Saphorin auf steilen, terrassierten Hängen oberhalb des Sees erheben. Mit den Reb ächen von Villeneuve am öst- lichen Ende des Sees beginnt das Chablais, das bis Yvorne und Aigle und im Süden bis zu den Rebbergen um Bex und Ollon reicht. Das nördliche Waadtland umfasst die Bezeichnungen Bonvillars, Côtes de l‘Orbe und Vully rund um den Neuenburgersee.
Mehr als 60 Prozent der Fläche sind mit Chasselas bestockt. Die aus dem Genfer Seegebiet stammende, jahrtausendealte Rebsorte präsentiert sich je nach Herkunft sehr unterschiedlich, denn ihr Charakter wird stark vom Boden geprägt. Man kann deutlich zwischen den leicht-neutralen sowie erdbetonten Weintypen unterscheiden. Traditionellerweise werden die Chasselas- Weine in der Schweiz mit biologischem Säureabbau vinifiziert. Die Säurewerte liegen nur zwischen 2,5 und 3,8 g/l – der Restzucker meist nur bei maximal 2 Gramm. Einen Trend zu mehr Säure, so Kurt Egli – ehemaliger Direktor von Henri Badoux aus Aigle, ist nicht zu verzeichnen. Es gibt lediglich ein paar Weingüter, die damit experimentieren. Woher der Chasselas auch kommen mag, die Weine haben wenig Säure, weisen meistens einen geringeren Alkoholgehalt auf und sind daher sehr bekömmlich. Überlieferungen zufolge gab es erste Erwähnungen der Chasselas-Rebe schon 1302 in Lausanne, 1612 wird die Traube als „Lausannois“ bezeichnet. In Süddeutschland kannte man den Namen „Edeldraube“, woraus sprachlich der Gutedel wurde.
Zu Ehren der Rebsorte wurde der „Mondial du Chasselas“ im Jahre 2012 ins Leben gerufen. Dieser Wettbewerb widmet sich dem Erhalt, der Förderung und der Imagepflege des Chasselas. Von den internationalen Juroren wurden in den letzten drei Jahren pro Concours circa 650 Chasselas-Weine aus der Schweiz, Deutschland, Kanada, Frankreich, Ungarn, Neuseeland und den USA bewertet.
Jeweils an einem Wochenende im Sommer findet auf dem mittelalterlichen Château in Aigle dann das große Fest zu Ehren des Chasselas statt, siehe Chasselas wächst in ihrer waadtländischen Heimat auf besten Parzellen mit mineralischem Gestein und der Ertrag übersteigt 80 Hektoliter nicht. Die Reben sind dicht gepflanzt, damit ihre Wurzeln tief in den Bo- den dringen müssen, um genügend Nährstoffe zu ziehen. Die Önologen in der Gegend sind auf diese Rebsorte spezialisiert. Unbestritten verdient Chasselas in der Schweiz den Titel „König der Weißweine“. Die Rotweine aus Gamay, Pinot Noir so- wie der beiden relativ neuen Züchtungen Gamaret und Garanoir stellen mehr als 85 Prozent der Produktion dar. Die beiden Trauben wurden aus Gamay und Reichensteiner gekreuzt und sind somit genetisch Geschwister. Sie werden aufgrund ihrer guten Tanninstruktur und der tiefroten Farbe in der Cuvée verwendet.
Vor wenigen Jahren ist eine neue Klassizierung der Waadtländer Weine eingeführt worden. Sie gleicht in der Struktur derjenigen des Burgundes. Aber laut André Hotz, Önologe bei Obrist in Vevey, bedarf es noch einiger Korrekturen. Die oberste Stufe ist die neue Bezeichnung „Premier Grand Cru“. Beim Endkunden in der Schweiz ist diese neue Angabe auf dem Etikett noch nicht an- gekommen. Die beiden vom Rebkataster erfassten „Grand Cru“-Lagen Dezaley (54 ha) und Calamin (16 ha) oberhalb der Gemein- de Epesses zählen auch dazu, da diese sich auf ganz alte Rechte beziehen. Ferner können bisher alle Weine mit dem Zusatz Château, Clos oder Domaine als „Grand Cru“ eingestuft werden. Das ist für den Weinliebhaber etwas verwirrend.
Insgesamt wird sich das Schweizer Weingesetz weiter an der Systematik der europäischen Weinkategorien von 2012 orientieren und anpassen, aus AOC wird beispielsweise AOP.
Genf und seine drei Bereiche
Unter den großen Weinbauregionen der Schweiz rangiert das Genfer Seegebiet an dritter Stelle. Der See bildet die Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich.
Die Region um Genf teilt sich insgesamt in drei Bereiche. Der wichtigste davon ist das Mandement, am rechten Ufer der Rhône, wo die meisten Weinberge situiert sind. Hier befinden sich auch die bekannten Weinbaugemeinden Satigny und Peissy. 123 Hektar stehen in der französischen Grenzzone. Die hügelige Landschaft am westlichen Ende des Genfer Sees eignet sich sehr gut für den Anbau der unterschiedlichsten Trauben. Das milde vom See geprägte Klima und mineralische Böden prägen die Weine. Bei den Weißweinen gibt es noch eine leichte Dominanz des Chasselas. Rebsorten wie Chardonnay, Sauvignon blanc, Weiß- und Grauburgunder sowie Viognier haben in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Einige Winzer kultivieren auch die seltene Rebsorte Altesse, die sehr körperreiche Weine hervorbringen kann. Bei den Rotweinsorten ist Gamay die unangefochtene Nummer eins, die hier außerhalb Frankreichs die größte Verbreitung findet. Aus ihr entstehen unkomplizierte fruchtige Weine. Pinot Noir und Gamaret folgen mit deutlichem Abstand.
Neuenburg, Bielersee und Vully: die Region der Drei-Seen
Die sogenannte Drei-Seen-Region unterteilt sich auf Flächen des Neuenburger Sees, des Bieler Sees und des Murtensees. Besonders am Neuenburger See sind die Weine der Chasselas, die manchmal auch sur lie hergestellt werden, sehr facettenreich. Unter dem Namen „Sternwein“ kennt man besonders spritzige Weine. Am Anfang des südlichen Bieler Sees verläuft nicht nur die Sprachgrenze. Aufgrund des Wechsels der mineralischen Böden zu schwereren Böden verliert der Chasselas seine Dominanz. Besonders zu erwähnen sind die frisch-fruchtigen Oeil-de-perdrix – ein unkomplizierter Roséwein, der immer zu 100 Prozent aus Pinot noir bestehen muss. Lange vor der anhaltenden Roséwein-Beliebtheit hatte er bei den Schweizer Weinliebhabern einen festen Platz. Es ist in allen Kantonen der Schweiz erlaubt, reinsortige roséfarbene Spätburgunderweine als Oeil-de-perdrix auf den Markt zu bringen. Bei den Rotweinen führt mit mehr als 90 Prozent der Pinot noir.
Die Deutschschweiz – 17 Kantone
Die Deutsch- bzw. Ostschweiz gliedert sich in die 17 Kantone der deutschsprachigen Schweiz. Sie kann in drei Bereiche zusammengefasst werden: Basel und Aargau im Westen, zentral Zürich, Thurgau und Schaffhausen sowie den östlichen Teil mit St. Gallen und Graubünden.
Die Rotweintrauben überwiegen deutlich, davon nimmt der Blauburgunder (Pinot noir) drei Viertel der Fläche ein. Er findet beste Bedingungen am Bodensee und in den Seitentälern des Rheins in Graubünden.
Hier haben die Rotweinsorten eine größere Bedeutung als die weißen. Auf drei Vierteln der Rebfläche wächst Pinot noir, der nuancenreiche, bemerkenswert kräftige Rotweine hervorbringt. Die Weißweine sind oft von Müller-Thurgau (früher in der Schweiz Riesling x Sylvaner genannt) geprägt, allerdings haben auch hier in den letzten Jahren die Burgundersorten sowie Sauvignon blanc deutlich aufgeholt. Regional gibt es Spezialitäten wie den Räuschling am Zürich See oder auf etwa vier Hektar den Completer in der Bündner Herrschaft.
Die größte zusammenhängende Rebfläche befindet sich in Schaffhausen im Klettgau mit der bekannten Gemeinde Hallau.
Tessin – Heimat der Merlot-Traube
Als Urlaubsregion ist das Tessin bei uns sehr beliebt, als Weinregion nahezu unbekannt. Am eindrucksvollsten erreicht man das Ticino über die höchste Pass-Straße der Schweiz, den Nufenenpass. Er verbindet das Wallis mit dem nördlichen Tessin. Im Süden des Kantons verläuft die Staatsgrenze zu Italien, im Norden grenzen die Kantone Wallis, Graubünden und Uri an.
Es ist der viertgrößte Weinbaukanton. Der Monte Ceneri teilt das Ticino in das Sopraceneri (oberhalb des Berges) und das Sottoceneri (unterhalb des Monte Ceneri). Das Misox wird aufgrund der Lage zur italienisch-sprachigen Schweiz gezählt. Unter den Schweizer Weinen haben die Tessiner Weine eine gewisse Sonderstellung. Das Klima ist schon stark von mediterranem Einfluss geprägt: sehr warm bis heiß im Sommer, feucht und mild in der kühleren Jahreszeit - nahezu prädestiniert für den Merlot, der 88 Prozent der Tessiner Rebfläche beherrscht. Unter der Bezeichnung Bianco di Merlot werden frische, weißgekelterte Merlots vermarktet. Die Sorte wurde nach der immensen Reblausplage Ende des 19. Jahrhunderts aus Frankreich eingeführt und Mitte des letzten Jahrhunderts zur Erfolgsrebsorte des Gebietes. Die anderen Bordeauxsorten Cabernet Sauvignon, Cabernet franc, Petit Verdot und Malbec stehen auf circa 27 Hektar. Es werden noch in kleinen Mengen andere Rotweintrauben wie Nebbiolo und Bondola angebaut. Diese machen jedoch nur einen kleinen Prozentsatz aus. Bei den weißen Sorten überwiegt mit 46 Hektar der Chardonnay. Manche Winzer pflanzen die Reben noch nach der sogenannten Pergola-Erziehung. Es gibt zahlreiche kleine und Nebenerwerbswinzer, die die Trauben an die Cantinas (Genossenchaften) abliefern.