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Vom massvollen Weingenuss

  • Mittwoch 07 November 2018
Quelle /
Olivier Savoy

Regelmässiger, moderater Weingenuss ist als Bestandteil eines gesunden Lebensstils anerkannt. Wissenschaftliche Studien der letzten Jahrzehnte belegen, dass mässiges Weintrinken das Risiko von Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermindert. Daran ändern weder vermeintlich neue internationale Erkenntnisse noch neue Trinkempfehlungen der Eidgenössischen Kommission für Alkoholfragen (EKAL).

Nicht anwendbare Studien

Letzten Sommer schlug die „Studie Alcohol use and global burden of disease“, publiziert in der englischsprachigen medizinischen Fach- zeitschriften The Lancet, auch in der Schweiz Wellen. Denn sie wollte nachgewiesen haben, dass selbst ein wenig Alkohol nicht gesund ist und es demnach keinen risikofreien Konsum gibt. Auf Grund ihrer Ergebnisse aus 694 Datenquellen und 592 Studien resümieren die Autoren, dass gesundheitliche Risiken, vor allem in Bezug auf Krebs, die gesundheitlichen Vorteile eines moderaten Alkoholkonsums überwiegen und es daher keinen positiven Effekt für leichten oder moderaten Konsums gäbe. Entsprechend fordern sie, dass der Alkoholkonsum global von den Gesetzgebern reguliert werden solle, um den Gesamtalko- holkonsum aller Bevölkerungen zu senken.

In der gleichen Periode korrigiert die Eidge- nössische Kommission für Alkoholfragen (EKAL) auf Grund wissenschaftlicher Eviden- zen die Orientierungshilfe für einen risikoar- men Alkoholkonsum nach unten. Dazu stützte sie sich auf eine Studie, welche in sieben mehrheitlich nord- und osteuropäischen Län- dern durchgeführt wurde.

Doch sowohl die Forderung der im Lancet pub- lizierten Studie als auch die EKAL-Empfehlun- gen kranken am gleichen Fehler: Die zu Grunde liegenden Studien und wissenschaftlichen Erkenntnisse lassen sich weder global verallge- meinern noch spezifisch auf die Schweiz anwenden.

Keine neuen Erkenntnisse

Die im Lancet publizierte Studie ist keine neue, eigenständige Untersuchung, sondern ein sta- tistisches Modell, das sich auf gesammelte Daten aus früheren Untersuchungen bezieht. Sie erhebt den Anspruch, eine globale Bewer- tung der Alkoholwirkung zu präsentieren und geht in ihrem Modell davon aus, dass gleiche Mengen Alkohol in allen Ländern der Welt trotz unterschiedlicher Umwelt-, Lebens- und Ernäh- rungsbedingungen gleiche Wirkungen erzielen.

Im Gegensatz zu bisherigen Langzeitbeobach- tungsstudien und Analysen, die für leichten bis moderaten Alkohol-/Weinkonsum eine Minde- rung der mit Abstand häufigsten Todesursache (Herzinfarkt) und der Gesamtsterblichkeit aus- weisen, bündelt diese Berechnung zahlreiche mehr oder minder alkohol-assoziierte Gesund- heitsrisiken, wobei für seltene Erkrankungen und Gesundheitsrisiken in Industriestaaten (zum Beispiel Tuberkulose) der gleiche Risiko- massstab eingesetzt wird wie für die häufigsten Todesursachen (Diabetes, Herzkrankheit).

Die Studiendaten beruhen damit auf model- lierten Schätzungen weltweiter Daten, von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen kann nicht die Rede sein. Vielmehr werden die 

Ergebnisse früherer Studien bestätigt, wonach diverse gesundheitliche Risiken mit steigendem Konsum zunehmen (zum Beispiel Krebsrisiko), andererseits aber bei leichtem bis moderatem Genuss gesundheitliche Vorteile nachweisbar sind (zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen).

Glaubwürdige Prävention

Die Trinkempfehlungen ohne Not, ohne neu- en Evidenzen und ohne landesspezifischen Erkenntnissen pauschal nach unten zu korri- gieren, ist nicht dazu angetan, die Glaubwür- digkeit der Präventionspolitik zu erhöhen.

Und allen „wissenschaftlich“ herbeigeschwore- nen Schreckensszenarien zum Trotz: Fakt ist, dass wir in der Schweiz keinen alkoholpoliti- schen Notstand haben. Der Konsum alkoholi- scher Getränke ist seit über 20 Jahren stets rückläufig, wie die Statistiken des Bundes zei- gen. Und laut Bericht 2013 – 2016 des Nationa- len Programms Alkohol hat 88% der Bevölke- rung keinen Risikokonsum, trinkt also nicht zu oft, zu viel oder zur falschen Zeit (Schwanger- schaft, Strassenverkehr, Arbeitsplatz).

Wine in Moderation

Mit Wine in Moderation verfügt die Weinbran- che über ein Präventionsinstrumentarium, wel- ches Kommunikations- und Werbestandards sowie Präventionskampagnen beinhaltet und auch moderate Konsumwerte empfiehlt. Diese stützen sich auf anerkannte Langzeitstudien.

Aus diesen geht hervor, dass ein moderater Alkohol-/Weinkonsum insbesondere zu einer Minderung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beiträgt.

Die Schädlichkeit der alkoholischen Getränke liegt bekanntermassen nicht im Konsum, son- dern in dessen Missbrauch. Und zur Beschrei- bung des Missbrauchs hat eine Risikobewer- tung zu erfolgen, welche nicht weltweite Durchschnittswerte verwendet, sondern Daten, die für die entsprechende Bevölkerung relevant sind. Solche liegen der im Lancet publizierten Studie und derjenigen, welche der EKAL-Empfehlung zu Grunde liegen, nicht vor. Somit können wir uns vertrauensvoll weiter an die von der Weinbranche als moderat definier- ten Konsumwerte halten.