Aktuelles

Vielfalt statt Einheitsweine

Quelle /
Differenzierung - sich mit seinen Produkten von der Konkurrenz abzuheben - ist eine mögliche Betriebsstrategie. Stefano Haldemann etwa setzt auf seinem Weinbaubetrieb in Minusio im Tessin auf alte Sorten und Vielfalt.

An den steilen Hängen an der Nordflanke der Magadinoebene im Kanton Tessin bewirtschaftet Stefano Haldemann seit gut 30 Jahren auf fünf Hektaren Weintrauben. Die insgesamt 17 Rebberge liegen auf zehn Kilometer verteilt zwischen den Gemeinden Gudo und Minusio. Die Faszination für den Weinbau entsprang eigentlich der Leidenschaft für die Natur. 

Schon als Kind verbrachte Stefano Haldemann viel Zeit in den Bolle di Magadino, einem Naturschutzgebiet am Delta des Flusses Ticino. Zudem half er als Kind auch häufig in den Rebbergen neben dem Elternhaus mit. Da in der Region der Weinbau die gängige landwirtschaftliche Kultur war, lag es für Stefano Haldemann nahe, sich in diesem landwirtschaftlichen Sektor beruflich zu betätigen.

Viele Rebberge lagen brach

Nach der Lehre absolvierte er eine Ausbildung im Weinbau und in Önologie. Da viele Rebberge brachlagen, war es nicht schwierig für Stefano Haldemann, seine ersten Rebberge zu pachten. Im Jahr 1986 konnte er die ersten 2000 Liter Wein produzieren und verkaufen. In den Folgejahren kamen dann neue Rebberge hinzu. Zudem konnte Stefano Haldemann ein Rustico in Minusio mieten, welches er selbst in einen Weinkeller umbaute, um seinen Wein zu produzieren und zu lagern. Fünf Jahre später musste der Weinkeller erweitert werden. Heute erreicht die Jahresproduktion an die 15'000 Flaschen Wein.

Kooperation mit ProSpecieRara

Die Mehrheit der Rebsorten, die Stefano Haldemann anbaut, sind nach wie vor die Merlot-Trauben. Diese sind an das Klima im Tessin bestens angepasst und lassen sich gut vermarkten. Aber eine Diversifikation ist sinnvoll. Deshalb ist in den Rebbergen eine Vielzahl von weiteren Traubensorten zu finden. Stefano Haldemann arbeitet eng mit ProSpecieRara zusammen und setzt, wo immer möglich, alte und regionstypische Sorten ein. So ist in den steilen Rebbergen eine grosse Vielfalt vorzufinden.

Vielfalt

Das aus dieser Vielfalt resultierende Produkteangebot differenziert sich dementsprechend von den klassischen Weinen. Das Angebot beinhaltet insgesamt an die zehn Weine. Darunter sind verschiedene Rot- und Weissweine, aber auch Rosé und Bondola, eine autochthone Tessiner Rotweinsorte, zu finden. Auch die typische Grappa di Vinaccia führt Stefano Haldemann im Sortiment. Seine Produkte verkauft er zu zwei Drittel selbst, mehrheitlich über einen festen Kundenkreis.

Das restliche Drittel verkauft er über zwei regionale Abnehmer, mit denen die Zusammenarbeit gut funktioniert. Die Vielfalt in seinen Rebbergen sieht Stefano Haldemann auch als eine Art Absicherung, dadurch wird der Betrieb resilienter und weniger risikoanfällig. Zudem bietet sein breites Weinangebot den Kunden eine interessante Auswahl und kann bei Neukunden anziehend wirken.

Einzelne Rebberge in Bio

Die Weinberge werden nach IP-Suisse-Richtlinien bewirtschaftet, obwohl die Produktionsweise teilweise näher an den Bio-Richtlinien ist. Eine Umstellung auf die biologische Produktion stellt im Weinbau immer noch eine grosse Herausforderung dar.

Stefano Haldemann versucht trotzdem, einzelne Rebberge nach biologischen Richtlinien zu bewirtschaften. Auch setzt er gezielt Feigenbäume und Gemüsegärten in die Rebe. Sogar ein Olivenbaum thront stolz über einem Rebberg. Durch diese Vielfalt wird in den sonnenbestrahlten Hängen eine hohe Biodiversität erreicht und interessante Dynamiken zwischen den Nützlings- und Schädlingspopulationen können entstehen.

Handarbeit

Stefano Haldemann beschäftigt zurzeit zwei Lehrlinge sowie zwei Teilzeitangestellte. Während der Erntezeit sind an die 15 Helfer an den intensiven Arbeiten beteiligt. Die Rebberge sind allesamt an den Hängen gelegen und weisen teilweise eine Steigung von über 50% auf. Die Arbeiten in den Rebbergen sind dadurch maschinell nicht durchführbar und sehr arbeitsintensiv. Jedoch geniesst der Weinbau im Südkanton auch bei jungen Leuten eine wachsende Beliebtheit, speziell kleinere und mittlere Betriebe prägen heutzutage die Tessiner Weinkultur.