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Über Rebberge, Rebbauern und Wein am Zürichsee

  • Freitag 28 September 2018
Quelle /
Urs Köhle
Die Zürichseeregion ist nicht nur eine Wohngegend, sondern auch ein AOC-Weinbaugebiet. Der Grossteil der Weine wird von den Weinbauern direkt vermarktet. Ein neues Buch beleuchtet die Eigenheiten des Weinbaus am Zürichsee.

Kaum eine Schweizer Landschaft hat innert rund 100 Jahren eine so tiefgreifende Umgestaltung erfahren wie die Landschaft rund um den Zürichsee. Das konstatiert Andres Altwegg in seinem neu erschienenen Buch «Weinlandschaft Zürichsee». Einst begann vor den Toren der Stadt Zürich beiden Seeufern entlang ein grünes Band von Rebbergen, heute nimmt ein Siedlungsband diesen Platz ein.

Allerdings verwandelten sich die Rebparzellen längst nicht überall direkt in Bauplätze. Rebkrankheiten, aufkommende Importe aus dem Mittelmeerraum und Jahrgänge mit krassem Überangebot schüttelten den Weinbau in der ganzen Schweiz durch. Auch rund um den Zürichsee verschwanden viele Rebberge. Diese Entwicklungen untersuchte Altwegg bereits in seiner ETH-Dissertation, die er 1979 fertigstellte.

Inzwischen ist er pensioniert und beschäftigt sich wieder mit dem Weinbau – nach einem Berufsleben in Gartenbauverbänden. Altwegg ist als Führer im Weinbaumuseum auf der Halbinsel Au tätig und bringt den Rebbau am Zürichsee nun auch mit seinem neuen, grosszügig bebilderten Buch den Wein- und Rebenfreunden näher.

Krisen überlebt

Denn verschwunden ist der Rebbau am See trotz einstigen Krisen nicht. Zwar hat sich die Rebfläche von einst fast 2000 Hektaren auf heute 170 Hektaren verringert, wie Altwegg schreibt. Reblagen prägen aber immer noch die Landschaft mit, vor allem das rechte Seeufer; sie unterbrechen auch für den Betrachter vom linken Ufer das Siedlungsband.

Weggefallen ist die einstige Massenproduktion. Die Weine vom Zürichsee sind heute Qualitätsprodukte, die auf einem viel anspruchsvoller gewordenen Markt präsent sind. Der Konsument kann inzwischen aus Weinen von allen Kontinenten auswählen. Dennoch wird der grösste Teil der Zürichsee-Weine am See und in der Stadt Zürich weggetrunken. 

Altwegg stellt 21 Weinbaubetriebe vom Zürichsee vor, die sich gegen diese Konkurrenz zu behaupten haben, beschreibt die Köpfe, die Produkte und nicht zuletzt die wichtigsten Arbeiten, die zur gewünschten Qualität führen. «Ein Gang durch das Rebjahr in Bildern» heisst das Kapitel dazu, fotografisch eindrücklich dokumentiert hat auch dieses Thema der in Glarus wohnhafte Sasi Subramaniam, der für das Buch die Reblagen am Zürichsee, am Obersee und auf der Ufenau besucht hat.

Mehrheitlich mit historischen Abbildungen illustriert sind die Seiten über die Geschichte des Rebbaus am Zürichsee. Hier blickt der Leser zurück in die Zeiten von obrigkeitlichen Rebenpflanzverboten, von Hagelkanonen und Sauserfuhrwerken.

Zeit war reif

Erschienen ist der Band im Th. Gut-Verlag, der heute seinen Sitz in Zürich hat und seit 2012 zur Buchhandels- und Verlagsgruppe Bäschlin in Glarus gehört. Die ursprüngliche Verlegerfamilie Gut betrieb ihr Unternehmen in Stäfa, und dort erschien der illustrierte Band «Reben und Wein am Zürichsee» von Hilde Welti-Gut.

Das war 1976. Die Zeit war nun also durchaus reif für ein neues Buch über den Rebbau am Zürichsee. Altwegg und Subramaniam haben sich dieser Aufgabe angenommen und ein Werk geschaffen, das der Weinkenner und der Rebenwanderer mit Genuss liest und anschaut.