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Stargast Parmelin sieht einen Heimsieg

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Alain Kunz
Bundesrat und Ex-Winzer Guy Parmelin aus dem Winzerdorf Bursins ist Stargast an der Gala des Schweizer Weins. Der Waadtländer sieht, wie ein Waadtländer Bruderpaar Weingut des Jahres wird.

Die Gala des Grand Prix du Vin Suisse ist der wichtigste Anlass des Schweizer Weins. Über 2800 Weine sind bei den Organisatoren der Vereinigung Vinea und der Wein-Fachzeitschrift Vinum eingereicht und von einer internationalen Jury verkostet worden. Am Ende des Tages stehen 13 Kategoriensieger (erstmals Gamaret, Garanoir oder Assemblagen mit diesen Rebsorten) und vier Spezialpreise.

Was bei der Degustation der besten Weine aufgefallen ist: Das Niveau war – wie letztes Jahr – sehr hoch. Das spricht für zwei Dinge. Zum einen für die eingereichten Weine und die Jahrgänge 2015 und 2016, die qualitativ exzellent sind. Zum anderen für die Jury, die einen guten Job gemacht hat.

Die Trends

Drei Trends hat Vinum-Chefredaktor Thomas Vaterlaus bei der Ausgabe 2017 des GP ausgemacht:

  • «Erstens einen kurzfristigen Trend: Die Durchschnittsnoten steigen. Die Weine werden immer besser. Das ist eigentlich die zentrale Erkenntnis.
  • Zweitens: In den Kategorien mit verschiedenen Rebsorten erkennt man, was im Trend ist. Derweil früher bei den Weissen Sauvignon Blancs, Chardonnays und Viogniers vorherrschten, sind es nun vermehrt Heidas, Räuschlings und Petite Arvines. Die Quintessenz: Schweizer Sorten sind im Trend. Swissness ist in! Symptomatisch die Aufnahme einer 13. Kategorie mit den Schweizer Rebsorten Gamaret und Garanoir.
  • Drittens: Der Weinbau wird immer kreativer mit immer kreativeren Köpfen. Ich nenne da das Beispiel der Kellerei Vinigma, die von Baselstadt aus Reben im Wallis und in der Bündner Herrschaft quasi orchestriert. Da sind oft Winzer am Werk, die im Ausland waren und nun Neues ausprobieren.»

 

Eine attraktive Gala

Jedenfalls ist die Gala derart attraktiv geworden, dass sich mit VBS-Vorsteher Guy Parmelin ein Bundesrat die Ehre gab. Okay, er ist ein bisschen befangen. «Ich bin nun Bundesrat. Und damit für immer Bundesrat. Aber ich bin auch ehemaliger Winzer. Und wer die Branche kennt, der kennt die Losung: Einmal Winzer, immer Winzer!»

Parmelin hat einst mit seinem Bruder Christophe einen Chasselas und einen Gamaret in seiner Heimatgemeinde Bursins VD produziert. «Dieses Jahr war ich genau eine Stunde in den Reben» bekennt der SVP-Politiker. «Um den Erntehelfern Tee, Schokolade und Käse zu bringen.» Die Weine macht nun Christophe allein. Und hätten die eine Chance gegen die in Bern ausgezeichneten Topweine? Parmelin: «Nein. Vor allem auch deshalb, weil wir die Mehrheit der Trauben an die Schenk SA für deren Weine liefern.»

Zum zweiten Mal hintereinander ist das Niveau bei der wichtigsten Schweizer Preisverleihung enorm hoch. Das bestätigt der Ex-Winzer: «Dieser Wettbewerb zeigt eines: Dass der Schweizer Wein absolut wettbewerbsfähig und kein Geheimtipp mehr ist. Das Sprichwort, dass der Prophet im eigenen Land nichts wert sei, gilt zumindest in Bezug auf unseren Wein nicht.» Und was tun gegen den stetig sinkenden Weinkonsum in der Schweiz? Bundesrätlich Weingenuss verordnen? Parmelin lacht: «Geht leider nicht...»

Weingut des Jahres

Zum grossen Sieger des Abends. Als Weingut des Jahres werden die Frères Dutruy aus Founex VD ausgezeichnet. Christian (42), Eidgenössisches Meisterdiplom im Weinbau mit 23 Jahren, drei Jahre lang Leiter einer Kellerei in Südafrika, die 15 Millionen Liter Wein erzeugt, und Julien (37), Bester seines Jahrgangs an der Weinhochschule Bordeaux, Gevrey-Chambertin und Smith-Haut-Lafitte im Lebenslauf, hatten schon einmal für Furore gesorgt. Als sie 2007 blutjung mit ihrem Gamaret Les Romaines den ersten Platz in der umkämpften Kategorie Sortenreine Rotweine holten und alle Walliser und Deutschschweizer Spezialitäten hinter sich liessen.

Zwei Jahre zuvor hatten die Beiden das Weingut von Vater Jean-Jacques übernommen, das schon damals einen guten Ruf hatte, aber nur einen kleinen Teil der Ernte in Flaschen abfüllte. Die Söhne machten einen gewaltigen Qualitätsschritt nach vorne. Beim Pflanzenmaterial – sie verfügen über eine der grössten Rebschulen der Schweiz –, in der Behandlung, im Keller, im Marketing. Der 2015 eröffnete neue Keller gehört zum modernsten in der Schweiz.

Julien konnte sich an der Gala gar nicht mehr einklinken, derart war er überwältigt von den Emotionen. Frage von Moderator Sven Epiney: War es wichtig im Ausland die Sporen abverdient zu haben? Julien: «Keine Ahnung... Du stellst Fragen...» So erklärt Christian das Geheimnis des Dutruy-Erfolgs: «Julien und ich sind zwei freie Menschen dank unserer Eltern, die uns diese Freiheit finanziell ermöglicht haben.» Epiney versuchts nochmals bei Julien: Also, etwas zu viel getrunken? «Nein. Das sind pure Emotionen... Wein umhüllt die Seele des Menschen. Zumindest versuchen wir den Wein in diese Richtung zu machen. Mit viel Philosophie!»

Na dann: Cheers!

Degustiert habe ich von den Brothers den Schaumwein Les Romaines Brut Rosé 2015. Einen von zwei Weinen, mit denen die Dutruys auf Platz zwei gelandet sind, was zum Sieg ausreichte. Denn entscheidend ist das Verhältnis von eingereichten zu prämierten Weinen. Also: Die Nase ist verhalten, er ist leicht floral, im Gaumen Mandarinli und Orangenzesten, Frische, ein enormer Geschmack von diversen Agrumenfrüchten, prickelnd, frisch und lang. Wunderbar! Score: 17,5/20 (CHF 27.--. www.lesfreresdutruy.ch).

 

 

Nun zu den 13 Siegern, die ich mit wenigen Ausnahmen alle degustieren konnte:

WEISS

  • CHASSELAS: St-Saphorin Bellevue 2016, Les Fils Rogivue, Chexbres VD: Ein typischer Vertreter, mit im Gaumen rechtem CO2, Frische, schöner, dicht verwobener Textur, Nervigkeit und Länge. 17/20 (CHF 15.80. www.rogivue.ch). In dieser Kategorie überzeugten auch der zweitplatzierte St-Saphorin La Rionde 2016 von Patrick Fonjallaz aus Epesses VD mit ebenfalls 17 Punkten und die Nummer drei im Ranking, der Fendant Martigny 2016 von Alexis Jacquérioz. Auch der kriegte 17/20 Punkte.
     
  • MÜLLER-THURGAU: Der Jeninser Riesling-Sylvaner 2016 von Obrecht Weine aus Jenins GR ist äusserst fruchtig, floral, Limetten blitzen auf, auch Mango, er ist kräftig, fruchtsüss, hat aber knackige Säure, was bei dieser Sorte völlig entscheidend ist und durchaus Ecken und Kanten. 16,5/20 (CHF 16.--. www.obrechtweine.ch). Auch schön: Die Nummer zwei, der Riesling-Silvaner 2016 von Schnorf Weinbau in Uetikon am See ZH (16/20) und der drittplatzierte Baselbieter Riesling-Sylvaner 2016 der Kellerei Siebe Dupf in Liestal BL (16/20).
     
  • SORTENREINE WEISSWEINE: Der Sieger kommt aus dem Wallis, von Olivier und Sandra Mounir aus Salgesch. Der Petite Arvine 2015 der Cave du Rhodan riecht nach Pfirsich und Zitrone, ist mineralisch, recht breit, Orangen, sortentypisch, hat Power, etwas wenig Säure, das Finish ist mittellang. Unter dem Strich: Eine «triichige» Sache, wie der geneigte Oberwalliser sagen würde. 17 Punkte (CHF 22.--. www.rhodan.ch). Auf Platz zwei liegt der Païen (Heida) 2016 der Cave des Bernunes aus Sierre VS und auf Platz drei der Païen Les Bernunes 2016 der Cave Caloz aus Miège VS, den ich auch mit 17 Punkten bewertet habe. Der Walliser Triumph ist also total!

 

  • WEISSE ASSEMBLAGEN: Der Apriori 2016 der Vinigma GmbH aus Baselstadt ist jenes angesprochene Projekt von Valentin Schiess, der in seiner Basler Kellerei Humagne Blanche und Petite Arvine zu einer meisterhaften Symbiose zusammenführt. Die Nase ist komplex, mineralisch, Pfirsich, Ananas, Exotik, elegant, frisch, füllig, laktisch, schöne Säure und Länge. Wunderbar. 17,5/20 (CHF 24.--. www.vinigma.ch). «Nur» auf Platz zwei lag der Premium Blanc 1er Cru 2015 der Domaine Château du Crest aus Jussy GE (Foto) aus Chardonnay und Sauvignon Blanc – ein fabulöser Wein! Eine Schellack-Nase, mineralisch, leichte Vanille, Zuckerwatte, dunkel im Gaumen, Zedernholz, weisser Vermouth, Kräuter, Harz, Länge. Super! Dafür gibts verdiente 18 Punkte! (CHF 18.--. www.domaineducrest.ch). Auch toll die Nummer drei, die Cuvée de l’Arzille 2015 der Domaine Chervet aus Praz (Vully) FR: 16,5/20.
     

ROSE

  • ROSÉ UND FEDERWEISS: Gewonnen hat hier der Oeil-de-Perdrix Les Petits Crèts 2016 der Caves des Coteaux aus Areuse-Boudry NE. Die Nase dezent und mineralisch, Schmelz, enorm trinkig, rund und doch nicht banal, ein Rosé wie aus dem Bilderbuch! 16,5/20 (CHF 13.50, www.mondovino.ch, also bei Coop erhältlich). Dieselbe für Rosé hohe Punktzahl gibts auch für den Zweitplatzierten, den Oeil-de-Perdrix 2016 von Porret aus Cortaillod NE. Und um den Neuenburger Triumph total zu machen, geht auch Platz drei an einen Oeil-de-Perdrix, jenen des Château d’Auvernier.
     

SCHAUMWEIN

  • SCHAUMWEINE: Gewonnen hat der Brut de L’Orpailleur 2014 von Frédéric Dumoulin aus Uvrier VS. Viel Frische, Brotaromen, rechte Säure, kaum aufgezuckert, klare Champagnerstilistik, schöne Perlage, Zitronen gegen Ende, mittellang. 17 Punkte (CHF 26.--. www.orpailleur.ch). Auf Platz zwei liegt der oben vorgestellte Brut Rosé der Dutruys und auf Platz drei einer der konstantesten Weine der Schweiz, der Bel Héritage 2012 des Schaumweinproduzenten Mauler SA aus Môtiers NE. Diesen Blanc de Noirs muss ich im Detail vorstellen, denn der bietet die Qualität eines (teuren!) Champagners! Brotige Nase, leichte Zitronenzeste, Brioche, knackige Säure, schlanke Struktur, aristokratisch, Power, bleibt lange. Umwerfend gut! Score: 18/20 (CHF 33.--. www.mauler.ch).
     

ROT

  • PINOT NOIR: Den Sieger, den Clos de la Couta, Vex 2015 der Domaine Jean-René Germanier aus Vétroz VS (kostet CHF 35.--) habe ich leider nicht erwischt. Was spannend ist: Die Reben stehen in Vex, am Eingang zum Val d’Hérens, also der schattigeren Rhonetal-Seite. Auf einer Gletschermoräne haben Alt-Nationalratspräsident Germanier und sein Önologe Gilles Besse eine Parzelle am Waldrand auf 500 bis 800 Metern angelegt. Das ist wohl die Zukunft des Pinot Noir im Wallis! Höhe. Keine Südhänge. Mehr zu diesem Wein später. Auf Platz zwei liegt der Pinot Noir de Salquenen Pisür 2015 der Cave St. Philippe aus Salgesch VS (Foto). Ein weiteres Beispiel, dass Bauburgunder im Wallis noch nicht tot ist! Der Wein hat wohl recht Holz, wenngleich edles Zedernholzaroma, und etwas Tabak und Rauch, aber er besticht durch eine seidene Textur, ist nussig, kirschig, sortentypisch, ätherisch-frisch, knackig und lang. Toll! 18/20 (CHF 29.--. www.cave-st-philippe.ch). Auch interessant: Der drittplatzierte Pinot Noir Barrique Wiesendangen 2015 von Kindhauser-Berghof aus Wiesendangen ZH: 17 Punkte (CHF 22.--)Und der Pinot Noir Sélection 2015 von Johanni Weinbau aus Jenins GR: 17,5 Punkte (CHF 26.--).
     
  • GAMARET UND GARANOIR: Der erste Sieger in dieser neuen Kategorie kommt aus Genf, von der Domaine du Centaure aus Dardagny. Der Légende 2015 (Foto) ist holzkohlig-dunkel, schwarze Früchte, Schmelz, trinkig, seidene Textur, Kaffee, Power, knackig, schönes Finale. Ein Wein, der das Potenzial des Garanoir wunderschön zum Ausdruck bringt! Score: 17,5/20 (CHF 18.50. www.domaine-du-centaure.ch).
  • SORTENREINE ROTWEINE: Der Sieger kommt aus dem Wallis, von der Kellerei Leukersonne aus Susten VS. Der Cornalin 2016 ist leicht vegetal, sortentypisch, wirkt etwas unausgereift, ist dann recht süss, hat aber Säure, nur ist das Ganze bisserl heterogen. Ein Publikumswein für die Coca-Cola-Generation. Eine leise Enttäuschung. 16 Punkte (CHF 25.90. www.leukersonne.ch). Besser gefallen hat da der Syrah Réserve 2015 der Cave du Vieux Moulin von Romain Papilloud aus Vétroz VS auf Platz zwei. Eine tiefe, dunkle, würzige Nase, etwas Leder, Kraft, schwarze Früchte, viel Druck, süffig, schlicht toll! Score: 18/20 (CHF 28.--. www.papilloud.com). Auch besser als der Sieger ist der drittplatzierte Syrah Diego Mathier 2015 von Adrian & Diego Mathier Nouveau Salquenen AG in Salgesch VS (CHF 30.--. www.mathier.com).
     
  • MERLOT: Der Sieger hat bereits am Mondial du Merlot geputzt, dort mit dem Jahrgang 2012. Es ist das kleine Gut Piccola Vigna aus Coldrerio TI. Der Barrique 2013 (Foto) ist ein wohl arg moderner Wein, mit rechtem Holz und Parfüm. Score: 17,5/20 (CHF 35.50. www.bacco.ch). Auf Platz zwei liegt der Bernardin de Ravet 2015 von Grosshändler Uvavins, Cave de la Côte aus Tolochenaz VD. Ein enorm fruchtig-beeriger Wein, etwas kräuterig, frisch, fleischig im Gaumen, Zwetschgen und Brombeeren, trinkig, elegant, mittlerer Abgang. Zeigt auf, dass man auch im La-Côte-Gebiet tolle Merlots keltern kann. 17 Punkte (CHF 31.--. www.swissfinewine.ch).
     
  • GAMAY: Da konnte ich leider keinen einzigen Wein tasten. Gewonnen hat der Gamay 2016 der Cave Mabillard aus Champlan VS (CHF 14.--. www.cavemabillard.ch).
     
  • ROTE ASSEMBLAGEN: Gewonnen hat der umtriebige Erich Meier aus Uetikon am See ZH mit seinem Plural 2015 (Foto), einer Assemblage aus 90% Diolinoir und 10% Pinot Noir. Dieser Wein war an dieser Stelle Anfang Jahr Wein der Woche. Er ist dunkel, tief, würzig, enorm spannend, hat Kraft, die Beeren sind schwarz, ätherisch, anmächelig zum Trinken. Wie Anfang Jahr gibt es auch nach dieser Neuverkostung immer noch 18 Punkte! (CHF 32.--. www.erichmeier.ch).
     

SÜSSWEIN

  • SÜSSWEINE: Auf Platz eins liegt völlig verdientermassen der Domaine Tourbillon 2012 der Genossenschaft Provins aus Sion. Ein helvetisches Süsswein-Monument aus Ermitages Grains Nobles, das in der grossen Süsswein-Degustation des Vinum-Profi-Panels mit 19 Punkten Rang eins geholt hat. (CHF 79.--. www.provins.ch).