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Schmeckt biologischer Wein anders?

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Text: Chandra Kurt, Foto: Gian Vaitl

Aus Chandras Weinküche

Eines vorweg – ein biologischer Wein ist nicht im Gaumen zu erkennen. Auch machen biologische Weine nicht die Mehrheit der produzierten Weine aus. Aber ihre Qualität war noch nie so gut und ihre Akzeptanz noch nie so verbreitet wie heute.

Auf die Frage, was ein biologischer Wein ist, gibt es verschiedene Antworten. Denn es kommt ganz darauf an, aus welchem Land der Wein stammt. Für die Schweiz hat die Schweizer Weinhandlung am Küferweg, die seit Jahren biologische Weine verkauft, eine Liste zusammengestellt mit Anhaltspunkten, wie Weine aus biologischem Anbau entstehen:

  • Die Reben sind gentechfrei.
  • Die Parzellen sind auch mit Gräsern und Kräutern bewachsen. Auf Unkrautvernichtungsmittel wird verzichtet.
  • Mineralien und organische Substanzen wie kompostierter Mist garantieren eine natürliche Düngung. Der Einsatz von Kunstdünger ist verboten.
  • Die sogenannten Nützlinge werden ge- fördert. Der Einsatz von synthetischen In- sektiziden ist nicht erlaubt.
  • Pilzkrankheiten werden nicht mit syn- thetischen Fungiziden, sondern Schwefel und nach Bedarf mit wenig Kupfer oder Tonerde bekämpft.
  • Die Weine werden durch Umziehen und durch natürliche Schönungsmittel (zum Beispiel Eiweiss) auf behutsame Art ge- schönt.
  • Schweflige Säure als Konservierungsmittel wird nur in minimalen Dosen eingesetzt.

Die Machart ist entscheidend

So weit, so gut. Aber schmeckt biologi- scher Wein anders? Ich muss ganz ehrlich sagen: Nein. Natürlich gibt es Ausnahmen – wie so viele beim Wein. Man findet so- wohl bei biologischen wie nicht biolo- gischen Weinen gute bis sehr gute und solche, die weniger gut sind. Das hat ver- schiedene Gründe. Wichtiger als diese ist zu wissen, was man trinkt, denn bekannt- lich können wir einen Wein anders genies- sen, wenn wir mehr Informationen über ihn haben. «Biologisch» sagt uns heute vor allem, wie ein Wein gemacht wird. Persön- lich ist mir das in den letzten Jahren im- mer wichtiger geworden – vor allem weil ich auch sehe, wie «synthetisch» ein Wein hergestellt werden kann. Leider müssen solche Weine, die übrigens sehr gut schme- cken, noch nicht deklariert werden.

Es ist ratsam, die Entwicklung im bio- logischen Weinbau zu verfolgen. Es wäre aber übertrieben, nur biologisch produ- zierte Weine zu kaufen. Man sollte immer zu Weinen greifen, die einem persönlich schmecken. Und je mehr Weine man ge- trunken hat, umso mehr wird man feststel- len, dass «Industrieweine» oder «Massen- weine» auf die Länge verleiden und schlicht keinen Spass mehr machen.

Der biodynamische Weinbau

«Biologisch» oder «ökologisch» darf man nicht mit «biodynamisch» verwechseln. Auch wenn die beiden Bezeichnungen ähn- lich klingen, bedeuten sie nicht das Gleiche. Biodynamischer Weinbau geht auf den An- throposophen Rudolf Steiner zurück. Dieser suchte nach Verbindungen zwischen den Menschen, Tieren, Pflanzen, der Erde und anderen Planeten. Im Zentrum des bio- dynamischen Weinbaus steht auch der Boden, wobei seine Revitalisierung oder Aktivierung unter Einbezug kosmischer Kräfte (wie der Mondkraft) stattfindet. Was etwas esoterisch klingt, wird beispielsweise seit Jahren von der Walliser Topwinzerin Marie-Thérèse Chappaz praktiziert.