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Die Trauben am Zürichsee sind einen Monat früher reif

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Christian Dietz-Saluz. Bild: Archiv Paul Steffen
Im Weinbau zeichnet sich ein extrem früher Wümmet ab. Menge und Güte sprechen für einen grossen Jahrgang, wenn nicht noch Hagel oder Trockenheit zum Spielverderber werden.

Vor einem Jahr standen die Weinbbauern vor erfrorenen Rebstöcken. Heuer ist es genau umgekehrt: Seit April sind die Temperaturen um einige Grade zu hoch. Der für die Vegetation so wichtige Frühling war schon Mitte Mai passée. Seither herrscht Sommer in der Schweiz.

Peter Märki, Leiter des Weinbauzentrums Zürichsee in Wädenswil, erwartet einen der frühesten Wümmet in den letzten Jahrzehnten. «Wahrscheinlich noch früher als im Hitzejahr 2003», sagt er. Bleibt der Wärmesommer so beständig, werden die Trauben schon Ende August geerntet. Das ist fast ein Monat früher als üblich in der Region Zürichsee. 

Junge Rebstöcke bewässern

Märki sieht bisher keine dunklen Wolken am Horizont für die Winzer aufziehen. «Das Traubengut sieht gesund aus, es zeichnet sich eine hohe Qualität ab.» Auch die vorherrschende Trockenheit sei noch kein Problem. Nur die ein- bis zweijährigen Rebstöcke, die noch nicht tief genug verwurzelt sind, müssten teilweise bewässert werden. 

«Die Trockenheit bremst vielleicht etwas das Wachstum, aber das ist ja nicht schlecht», sagt er. Die Weinbauern müssten nun zum Beispiel weniger reduzieren, wie das Herausschneiden der heranwachsenden Trauben genannt wird. Denn jeder Rebstock soll nur ein erträgliches Mass reifer Trauben erzeugen, um den Zuckergehalt in den Beeren bis zur Ernte zu optimieren. 

Hansueli Hohl, Winzer aus Stäfa, rechnet mit einem Lesebeginn von frühen Sorten wie Solaris und Riesling zwischen Ende August und Anfang September. «Im Vergleich zu den letzten Jahren sind das zwei bis drei Wochen, im Langzeitdurchschnitt sogar einen Monat früher», erklärt er. Schon Mitte September könnte der Wümmet auch bei roten Trauben starten. Die Reben hätten sich vom Frost im vorletzten Frühling bestens erholt, erzählt Hohl. Seine einzige Sorge: «Wir brauchen dringend Regen.». Ansonsten würden die Beeren langsamer wachsen und kleiner geraten. 

Derzeit sehe es in seinen Reben aber bestens aus. Sorten mit lockeren Trauben würden gut durchlüftet. Das hat den Vorteil, dass sich die gefürchteten Pilzkrankheiten derzeit schlecht ausbreiten können. Da wirkt sich die Trockenheit zusätzlich günstig aus im Kampf gegen Echten und Falschen Mehltau.

Nur keine «eisigen Steine»

Stress haben Hansueli Hohl und die Rebbauern in der Region Zürichsee derzeit vor allem mit dem Auslauben. Auch dieser Arbeitsschritt in der zyklischen Pflege der Reben drängte sich dieses Jahr viel früher auf. «Es pressiert», sagt der Stäfner Winzer. Die Trauben brauchen den Saft des Stocks und nicht die Blätter. 

Danach hängen die Trauben frei. Das macht sie allerdings anfälliger für Hagelschäden. «Eisige Steine vom Himmel», wie es Hohl nennt, fürchten er und seine Berufskollegen am meisten. Werden sie verschont und kommt noch genug Regen, könnte es nicht nur einen rekordfrühen Wümmet, sondern auch einen herausragenden Weinjahrgang geben. «Es zeichnet sich eine grosse Quantität ab», sagt Hohl, «auch die Qualität sieht gut aus.»

 

Bleibt das Wetter so trocken wie bisher, werden die Trauben dieses Jahr extrem früh geerntet. Im Bild: Das Weingut Diederik in Küsnacht. Bild: Archiv Paul Steffen