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Wein im Kanton Luzern: schwache Ernte, Qualität top

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Kilian Küttel
Bald beginnt in der Region die Traubenernte. Der Frost, der den Winzern im April zu schaffen machte, schmälert die Ernte – und sorgt gleichzeitig dafür, dass die heurigen Weine besonders gut werden dürften.

2017 wird für die Luzerner Weinbauern nicht das Jahr der Rekorde. Zu durchschnittlich fällt die Ernte aus. Dafür dürfte das Weinjahr als eines mit besonders grosser Dramatik in Erinnerung bleiben. Denn 2017 ist für die Luzerner Winzer ein Theaterstück in drei Akten: Zu Beginn, im Frühling, sah alles ganz nach einer seichten Vorstellung aus. Das Happy End schien vorprogrammiert, der Spannungsbogen flach wie der Sempachersee. Hoch waren die Temperaturen, die Vegetation gedeihte aussergewöhnlich schnell. Schon im April war sie so weit entwickelt wie normalerweise erst zwei Wochen später im Jahr. Doch dann kam der zweite Akt – und damit eine dramatische Zwischensequenz: Ende April sinken die Temperaturen, die Region und die ganze Schweiz zittern, die Trauben leiden. Zu kämpfen haben damit auch die Winzer: «Besonders der Frost um den 20. April herum sorgte für grosse Schäden», sagt Beat Felder vom Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung in Hohenrain. Laut dem Wein­experten sind damals 80 Prozent der Triebe erfroren, abgestorben.

Gleiches sagt Josef Bucher vom Weingut Südhang in Eschenbach. «Es waren vier oder fünf sehr kalte Nächte. Die Temperaturen sanken auf bis zu 6 Grad unter null. Alles was getrieben hat, ist eingegangen.» Nicht nur Buchers Weingut litt unter der Kälteperiode. Im ganzen Kanton Luzern waren die Schäden massiv. «Auf einen Schlag haben wir alles verloren. Plötzlich war die Vegetation drei Wochen im Rückstand», bilanziert Felder. Interessanterweise haben aber einige Sorten die Kälte besser überstanden als andere. Gleichzeitig gab es auch regionale Unterschiede. So, wie sie Mathias Brunner von der gleichnamigen Weinmanufaktur aus Hitzkirch erlebt hat: «Die Reben im Gebiet um den Sempachersee haben weniger grosse Schäden davongetragen als jene im Seetal.» Laut Felder kamen auch die Weingüter am Vierwaldstättersee glimpflich davon – dem milderen Klima sei Dank.

Je kleiner die Ernte, desto besser die Qualität

Jetzt startet der dritte Akt. An diesem Punkt fällt der Entscheid, ob das Stück zur Komödie wird oder ob sie ein tragisches Ende nimmt. Die Zeichen stehen auf Erlösung: Anfang Mai ist die Kältewelle überstanden, der Frühling kommt zurück. Und mit ihm die Wärme: «Die Trauben sind daraufhin gut gereift, im Moment sind sie gross und schwer», so Brunner. Josef Bucher aus Eschenbach sieht das genau gleich: «Die Qualität sieht im Moment sehr zufriedenstellend aus.» Zugute kam den Früchten nämlich, dass die Reben weniger stark bestückt waren als normalerweise. Was für den Gesamtertrag schlecht ist, erhöht die Qualität des Weins. Denn wo weniger Trauben hängen, haben die Überlebenden weniger Konkurrenz, mehr Platz, und bekommen damit mehr Sonnenlicht.

So verging der Frühling, der Sommer kam und dauerte länger und länger. Wiederum war das Wetter gut, die Temperaturen hoch. Die geschundenen Reben und Trauben er­holten sich. Weinexperte Felder dazu: «Mittlerweile ist die Vegetation wieder etwa zwei Wochen früher dran als normalerweise.» Und der Verlust von 80 Prozent aller Triebe wiegt weniger schwer als im Frühling befürchtet. Denn die beschädigten Reben trieben zum Teil ein zweites Mal.

Doch der Entspannung zum Trotz – 2017 wird sich der rekordhafte Ernteertrag aus dem letzten Jahr nicht wiederholen. Damals fuhren die Luzerner Winzer 374 Tonnen Trauben ein. Das waren 20 Prozent mehr als im Jahr 2015. Beat Felder schätzt den diesjährigen Ernteertrag ab: «Ich nehme an, es werden Ende Saison etwa 300 Tonnen zusammenkommen.» Einerseits ist das dem Frühling und dem Sommer geschuldet. Andererseits aber auch dadurch zu erklären, dass die Anbaufläche immer weiter wächst. Pro Jahr steigt sie um rund 10 Prozent. Derzeit wird im Kanton Luzern auf zirka 60 Hektaren Land Wein angebaut. Genau sagen, wie viele Trauben am Ende in Luzern gepflückt werden, kann Felder nicht. Denn die Ernte geht erst in den kommenden Wochen richtig los. Josef Bucher aus Eschenbach möchte in etwa zwei Wochen mit der Weinlese beginnen. Einen ähnlichen Terminplan hat Mathias Brunner aus Hitzkirch: «Je nach Wetter starten wir bereits Ende der kommenden Woche. Sonst fangen wir sicher übernächste Woche an.»

Felder ist sich sicher, dass heuer kein schlechtes Weinjahr wird: «Schlechte Ernten hatten wir schon seit zehn oder fünfzehn Jahren nicht mehr.» Ebenfalls teilt er die Meinung, dass die geringe Anzahl Trauben eine gute Voraussetzung für eine ansprechende Qualität war. Hat der Frost am Ende also gar mehr genützt als geschadet? «So möchte ich das nicht sagen.» Wenn man bedenke, wie gut der Frühling und der Sommer gewesen seien, sei der Frost schon ein Wermutstropfen. «Ohne Kälteeinbruch wäre natürlich viel mehr dringelegen.»

Gefährlicher Schädling kann die Ernte noch gefährden

Doch der Vorhang dieser Vorführung ist noch nicht gefallen, die Winzer nicht vor dem letzten Unheil gefeit. Ein Feind betritt die Bühne nämlich noch – die Kirschessigfliege. Felder: «Die Lage ist noch nicht prekär, aber angespannt.» Der Schädling, der die Trauben angreift, mag es warm und feucht. Also Verhältnisse, wie sie derzeit vorherrschen. Deshalb müssen sich die Weinbauern wappnen. Dazu gehört, dass sie das Gras abmähen und die Weinberge vom Laub befreien: «Wenn sie diese Ratschläge umsetzen, haben sie gute Chancen, die Fliege in den Griff zu bekommen», so Felder. Auf dass das Stück mit einem Happy End aufhören möge.